Page 9 - Journal 4 September Oktober 2021
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MENSCHEN & NATUR

Wildbäche besonders betroffen                               Sturmtiefs stark beschädigt oder zerstört wurde. Eine ab-
Durch die extremen Niederschläge würden, so DI Unter-       gewandelte Bauart setzen wir auch in Steilflächen gegen
weger weiter, „… vor allem auch die Wildbäche an Ge-        Lawinenanrisse ein. Wir haben allerdings nicht damit ge-
fährdungspotenzial gewinnen. Die hohen Niederschlags-       rechnet, dass unsere Schutzmaßnahmen schon im Dezem-
mengen auf kleinen Flächen und die Bildung so genannter     ber 2020 eine erste, große Bewährungsprobe zu bestehen
Gewittertürme haben auf Wildbäche mit kleinen Einzugs-      hatten“, so Unterweger.
gebieten wesentlich massivere Auswirkungen als auf grö-
ßere Flusssysteme wie beispielsweise Isel und Drau. Die     Lawinenverbauungen überprüfen
Sturmtiefs VIRPY und INGMAR brachten mehr Nieder-           Für die Zukunft sei es eminent wichtig, alle Verbauun-
schlag als die Hochwasser-Katastrophen der Jahre 1965/66.   gen dahingehend zu analysieren, ob sie noch genügend
Einzig unsere Schutzbauten haben uns vor einer Katastro-    Schutzwirkung aufweisen. „Die Berechnungen früherer
phe bewahrt.“                                               Zeiten gelten aufgrund der Erhöhung des Abflusses (mehr
                                                            Niederschlag in kurzer Zeit) nicht mehr oder nur mehr
Besondere Schutznetze                                       zum Teil. Immer mehr Schutzbauten müssen deshalb um-
Was den Gebietsbauleiter der Wildbach- und Lawinenver-      gebaut, ergänzt oder verbessert werden. Am Firschnitz-
bauung besonders beschäftigt, sind die Schäden, die der     bach in Virgen wurde etwa ein zweites Becken gebaut
Osttiroler Schutzwald in den vergangenen Jahren genom-      und das obere vergrößert. In Prägraten entstand, zum
men hat. „Die Zerstörungen im Objektschutzwald waren        Schutz vor dem Timmelbach und der Timmelbachlawine,
derart großflächig, dass der Schutz des Siedlungsraumes     ein großer Mur- und Lawinenbrecher. Außerdem musste
mit ,normalen' Mitteln nicht mehr zu bewältigen war. Aus    eine Anbruchverbauung oberhalb der Bodenalm realisiert
diesem Grund mussten neue Verbauungsprojekte ausge-         werden.“ Durch die stärkeren Schneefälle und das höhere
arbeitet und neue Schutzmaßnahmen ausgeführt werden.        Gewicht des nassen Schnees müssten die Lawinenverbau-
Die Errichtung gängiger Systeme wäre weder zeitlich noch    ungen statisch stärker ausgelegt werden. „Ein Vorteil ist,
finanziell umsetzbar gewesen.“ Zugute kam dem Team der      dass die Auslauflängen der Lawinen kürzer werden. Viele
WLV-Gebietsbauleitung Osttirol dabei, dass man in der       Gebäude in der Gefahrenzone sind durch Staublawinen
Entwicklung von Sonderlösungen viel Erfahrung hat. „Wir     gefährdet, zum Glück aber nicht durch Gleitschneelawi-
haben ein Schutznetz entwickelt, das kostengünstig ist      nen, die immer häufiger vorkommen. Solche Nassschnee-
und sehr schnell installiert werden kann. Dieser Netztyp    lawinen lassen sich durch Dämme leichter lenken.“ Die
dient in jenen Bereichen als provisorischer Schutz für den  Tatsache, dass Osttirol der erste Bezirk in Österreich ist,
Siedlungsraum, in denen der Objektschutzwald durch die      in dem ein Gemeindeverband gegründet wurde, über den

  Foto: © WLV Osttirol

Mur- und Lawinenbrecher am Timmelbach in Prägraten

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