Page 7 - Journal 8 Oktober 2019

MENSCHEN & FORSCHUNG

Wie lange lässt sich das Phänomen des können, man denke nur an Muren oder Felsstürze. Man
Gletscherrückgangs zurückverfolgen? darf allerdings nicht den naheliegenden Fehler begehen,
Es gab im Quartär, beispielsweise in den Alpen, zahllose sämtliche Extremereignisse ungefragt dem Klimawandel
größere und kleinere Veränderungen der vergletscherten zuzuschreiben. Und es wird in einer wärmeren Welt auch
Flächen. Der Rückgang der Eisriesen seit dem Ende der Gewinner geben, die davon profitieren werden. Trotzdem
„Kleinen Eiszeit“ zählt jedoch zu den schnellsten Ver- wünsche ich uns keine Serie großer Vulkanausbrüche,
änderungen seiner Art, und er würde, ebenso wie die um, ähnlich wie in der „Kleinen Eiszeit“, die Atmosphäre
Erwärmung der Weltmeere, auch dann voranschreiten, zu kühlen. Wir Menschen können und dürfen uns vor der
wenn man morgen den Anstieg der Treibhausgase stoppt, Herkules-Aufgabe des Klimaschutzes nicht drücken!“
vergleichbar einem Güterzug, der auch nicht sofort stehen
bleibt, wenn man den Motor der Lokomotive ausschaltet. Danke für das Gespräch!

Mit welchen ökologischen Folgen dieses Prozesses ist Interview: Elisabeth Hilgartner, Fotos: © Christoph Spötl und Robbie Shone
im Hinblick auf den inneralpinen Raum zu rechnen?
Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, welche wei-
teren Auswirkungen der Klimawandel auf den inneralpi-
nen Raum haben wird bzw. schon hat. In groben Zügen
erklärt, bedeutet dies, dass die Erwärmung mittelfristig zu
einem Höherklettern der Vegetationsstufen und zu einer
Verschiebung der Saisonalität führen wird. Die Winter
werden im mehrjährigen Trend milder, und wir müssen
vermehrt mit Hitzewellen im Sommer rechnen. Span-
nend ist die Frage, wie sich die Niederschläge verändern
werden. Hier bestehen noch große Unsicherheiten in den
Klimarechenmodellen, besonders im komplexen Terrain
von Gebirgslandschaften. Die größte Unbekannte in der
Gleichung sind Extremereignisse wie Starkregen, die mit
den gängigen Klimamodellen nur teilweise erfasst werden
können. Es sind jedoch genau diese Niederschlagsereig-
nisse, die einen großen lokalen Impakt im Gebirge haben

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