Page 10 - Journal 2 Juni 2020
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MENSCHEN & KULTUR
Osttirols Kirchen entdecken:
Kulturelles Kleinod in Strassen
Schon bei der Fahrt auf der nahe gelegenen Drautalbundesstraße fällt einem der barocke Zentralbau der Filialkirche zur
„Heiligen Dreifaltigkeit“ am östlichen Ortsrand von Strassen ins Auge. Das Gotteshaus ist es wert, es zu erkunden, seine
Schönheiten zu bewundern – und hier, vielleicht als eine kleine Auszeit vom Alltag, zur Ruhe zu kommen.
und überirdischem Gottesbereich zu
überbrücken – und dem gedanklich fass-
baren Glauben symbolhaft einen würdi-
gen Rahmen zu bieten. Das griechische
Wort „kyriakon“, von dem sich der Be-
griff „Kirche“ ableitet, meint eben in
diesem Sinne „dem Herrn gehörig“. Kir-
chen sind also ein symbolischer Wohn-
ort Gottes auf Erden und ein Ort, in dem
Menschen Gott nahe sein und ihm „be-
gegnen“ können. Kirchen waren zu allen
Zeiten aber auch Orte, in denen Christen
diese „geistige Reich“ mitgestalten woll-
ten. So wurden viele sakrale Bauten in
herausgehobener Lage, sei es auf einer
Anhöhe oder zumindest mehrere Stufen
über dem normalen Niveau errichtet. Sie
überragten zur Zeit ihrer Entstehung um
Bei den Einheimischen wird die Dreifaltigkeitskirche übrigens auch „die Untere“ genannt, ein Vielfaches die damals üblicherweise
im Gegensatz zur „Oberen“, der St. Jakobs-Pfarrkirche auf dem Hügel über dem Dorf.
niedrigen Wohnbauten der Menschen
und wurden oft mit aller nur erdenk-
lichen Pracht ausgestattet. Auch heute
im 21. Jahrhundert kann man sich dieser
„Die sichtbare Kirche ist ein Symbol für die unsichtbare beeindruckenden Wirkung – ob im Äußeren oder Inneren
Kirche.“ Dieser Satz aus dem Mittelalter trifft auf jeden – nicht entziehen, wenn man sich die Zeit nimmt, sich auf
christlichen Kirchenbau zu und soll zum Ausdruck brin- die sakralen Orte näher einzulassen.
gen, dass das von Menschenhand errichtete Kirchen-
gebäude das geistige „Gebäude“ des Glaubens sichtbar Eine Gelegenheit dazu bietet sich auch den Besuchern der
macht. Dementsprechend werden religiöse und kulturelle Filialkirche zur Hl. Dreifaltigkeit in der Pustertaler Ge-
Bauwerke oft auch als das Bestreben interpretiert, den Ab- meinde Strassen. An der Stelle, wo heute der oktogonale
stand von Himmel und Erde, von irdischer Menschenwelt (achteckige) Kirchenbau mit einem Durchmesser von 17, 5
Metern steht, befand sich einst eine Ka-
pelle, die 1638 errichtet und 1641 geweiht
wurde. Die Grundmauern dieses wesent-
lich kleineren Sakralbaues wurden 1979
im Zuge einer Restaurierung im Bereich
des Zentralraumes aufgefunden. Ab 1763
erfolgte nach den Plänen des Tristachers
Thomas Mayr ein Neubau, wobei man
sich aus zwei eingereichten Entwürfen
für die Zentralbauvariante entschied.
Zur Finanzierung trugen Franz Xaver A.
Mayr, Wirt in Strassen, und seine Frau
wesentlich bei. 1768 gestaltete Franz A.
Zeller das Innere mit Fresken aus, 1783
fand die Weihe durch Fürstbischof Josef
Graf von Spaur statt. Laut Überlieferung
wurden die Fenster der Kuppellaterne
aus dem Schiff der alten Kapelle für den
Neubau übernommen. Die alte Glocke im
Die Kuppelfresken aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigen in zwei Zyklen zu Turm wurde 1787 von Franz Graßmayr
je vier Bildern Szenen aus dem Leben der Jungfrau Maria und dem des Hl. Franz Xaver. gegossen. Nachdem das Kuppelgewöl-
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