Page 13 - Journal 9 November 2019
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MENSCHEN & KUNST

Oswald Kollreider: Ein Leben lang
ein Reisender

Die Kunstlandschaft im Bezirk Lienz zeichnet sich in Anbetracht ihrer Abgeschiedenheit seit Jahrhunderten bis in die Gegenwart herauf
durch eine Vielzahl an Kunstschaffenden aus, deren Werkzyklen von mehr oder weniger bildnerisch qualitativer Relevanz sind.

Begleitete hier zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Albin Egger-Lienz die Malerei über die österrei-
chische Moderne hinaus, folgten erst unmittel-
bar nach dem Zweiten Weltkrieg und insbeson-
dere ab den 1950er-Jahren Franz Walchegger,
Hermann Pedit, Leopold Ganzer und Oswald
Kollreider in der Malerei und Josef Troyer, Ad-
rian Egger sowie Gottfried Fuetsch als wichtige
Vertreter der Bildhauerei diesem Beispiel. Mit
der stilistisch expressiven bis abstrahierenden
Interpretation der Naturvorlage gelang es den
Kunstschaffenden, neben einer durchwegs ex-
ponierten Bildsprache gleichzeitig auch die
emotionale Bewertung des Motivs miteinzube-
ziehen. Einer ihrer Vertreter — der akademische
Maler Oswald Kollreider (1922-2017) — würde im
Januar 2022 seinen 100. Geburtstag feiern.

Im Rückblick auf das über 70 Jahre ausfüllen-       Selbstporträt (2006), Mischtechnik: Aquarell/Bleistift auf Papier, 35x27 cm
de Künstlerleben wird nun anlassbezogen eine
Monografie zu Oswald Kollreider vorbereitet, in     lichen Heilsgeschichte genauso wie die des All-
der zum einen die bildnerischen Darstellungs-       tags und des Miteinanders vom Maler in ein mo-
schwerpunkte näher analysiert werden sollen         tivisches Spektrum gesetzt, dessen vielfältige
und zu einem weiteren, interessanten Teil Raum      Strukturen mit der Wertigkeit des Kolorits und
für einen notwendigen Blick auf die Person Koll-    der figurativ abstrahierenden Pinselführung,
reider, den Weltreisenden und Menschenfreund        dem Betrachtungsbewusstsein des Einzelnen
zugestanden wird. Mit der zeitlebens umfassen-      unterliegen.
den Reisetätigkeit, die nicht selten mit Expediti-
onscharakter ausgeführt wurde, gehen maltech-
nisch expressiv ausgeführte Studienblätter in
Tempera oder feintarierte grafische Techniken
einher, die einerseits als Zeugnis eines dring-
lichen Freiheitsgedankens aufgefasst werden
können und andererseits die Verbundenheit des
Künstlers mit seinem unmittelbaren Umfeld ah-
nen lassen. Beispielhaft werden sakrale Stätten
und Begegnungsorte, die z.B. in die Landschaft
eingebunden sind, oder Szenen aus der christ-

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v.l.n.r.: Sinai (1979), Tempera auf Karton, 50x70 cm; Katharinenkloster Sinai (1984), Tempera auf Karton, 50x70 cm;
3 Beduinen (1979), Tempera auf Karton, 50x70 cm

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