Page 9 - Journal 6 August 2019
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MENSCHEN & KUNSTGESCHICHTE
„Er hat viel kunstliche werch malen und snei- tik erkennen, sondern finden sich auch bereits
den lassen, die in der walt in seiner gedecht- Details der Renaissance wie etwa die selbst-
nus aber mit verkerten namen bleiben wer- bewusste Haltung des Ritters selbst. Leonhard
den“, lässt Maximilian I. seinen Sekretär und wird in diesem Meisterwerk in vollem Harnisch
„Ghostwriter“ im Werk „Weißkunig“ schreiben. dargestellt, hält die Fahne mit dem Tiroler Wap-
Manche dieser Werke waren für die Öffentlich- pen und wird von den Wappen Görz’, Kärntens,
keit und die Verbreitung im ganzen Reich und Gonzagas und Garas umgeben – Zeichen für
darüber hinaus gedacht, wie etwa sein Profil- seine Herrschaftsgebiete, Würden und Fami-
bild auf Münzen oder auch Por-
träts, die er als Geschenke und zur
Erinnerung übersandte. Andere
Arbeiten galten nur einem kleinen
Kreis der Hofgesellschaft und dien-
ten dazu, diese eine gewisse Exklu-
sivität verspüren zu lassen und sie
dadurch zusammenzuschließen.
Lienz durfte sich zwar bis 1500 als
Residenzstadt der Görzer Grafen zu
einem elitäreren Kreis zählen, mit
dem Ableben Leonhards und der,
will man es so hart ausdrücken,
Degradierung zu einer Provinz-
stadt innerhalb Tirols konnte man
nicht mehr mit großen Kunstwer-
ken oder Bauten aus dem Umfeld
des Königs und späteren Kaisers
rechnen. Und dennoch finden sich Foto: © Osttirol Journal
Spuren Maximilians im heutigen
Osttirol und an seinen Grenzen, Foto: © Peter Märkl
einige wenige sogar mit direktem In der Stadtpfarrkirche St. Andrä befindet sich das Grabdenkmal für den letzten Görzer
Zusammenhang zu ihm. Grafen Leonhard, der im Jahre 1500 ohne Erben aus dem Leben schied.
Das wohl augenscheinlichste ist das Grabmal lienherkunft. Aus der Hand Christoph Geigers
Graf Leonhards in der Pfarrkirche St. Andrä in
Lienz. Als Leonhard am Palmsonntag des Jah- stammt noch ein weiteres Werk in St. Andrä,
res 1500 verstarb, war der Erbgang an Habsburg
noch nicht völlig fixiert, zeigte doch auch Vene- das mit Maximilian in Zusammenhang steht.
dig großes Interesse an den Ländereien. Doch
Maximilian hatte vorgesorgt, den Grafen in den Michael von Wolkenstein-Rodenegg, der die
letzten Lebensjahren umsorgt und vermeintlich
gewürdigt – und er reagierte auch zur richtigen Herrschaft Lienz aus der Hand des Königs über-
Zeit am schnellsten. Nur Tage nach Leonhards
Tod nahmen seine Gesandten schon die Hul- nommen hatte, ließ für sich
digungen der Landstände in Görz entgegen.
Ebenfalls noch im April wurde in Augsburg und seine schon zwei Jahre
eine Totenfeier für den Verstorbenen abgehal-
ten, an welcher alle am Reichstag anwesenden zuvor verstorbene Frau im
Fürsten und Gesandten teilnahmen. All dies
geschah fernab der Grafschaft, doch auch dort Jahr 1511 ein weiteres kunst-
sollte zum „ewigen Gedechtnus“ ein Werk ge-
schaffen werden. Nach einer Beschwerde des volles Grabmonument er-
Königs 1505 begannen 1506 die Bildhauerarbei-
ten. Der noch kaum bekannte Christoph Geiger richten, das sich stilistisch
aus Innsbruck hatte sich bereits erste Sporen bei
der Mitarbeit am Goldenen Dachl verdient, wur- noch einen Schritt näher
de jedoch zunächst noch regelmäßig bei seiner
Arbeit kontrolliert. 1507 war das Hochgrab, das an die Renaissance wagte.
sich ursprünglich vor dem Rosenkranzaltar im
linken Seitenschiff befand, vollendet. In der Doch nicht nur künstlerisch
Grabplatte aus rotbraunem Marmor, teilweise
vergoldet und auf weißem Marmor aufgesetzt, und archäologisch – bei
lässt sich nicht nur ein großes Werk der Spätgo-
Ausgrabungen wurden Be-
kleidungsfragmente, Perlen
eines Rosenkranzes und
Bruchstücke von Waffen ge-
funden – ist dieses Grab von
Bedeutung. Im Oktober 1511 Foto: © Land Tirol/Berger
weilte Maximilian selbst in Im Bild die Bronzefigur Kaiser Maximilians I.
Lienz. Aufzeichnungen ge- als Teil eines monumentalen Werkes in der
ben wieder, dass der Kaiser Hofkirche in Innsbruck
die Stadtpfarrkirche besucht
und die Arbeit Geigers mit Interesse verfolgt
haben soll. Mehr noch, der sehr praktisch und
auch künstlerisch veranlagte Maximilian soll
selbst mit Hammer und Meißel am Grabstein
„gearbeitet“ haben.
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