Page 4 - Journal 1 Feber 2020
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MENSCHEN & MEINUNGEN

Foto: © AdobeStock/Zsolnai Gergely

Kann Kirche „Jugend“?

Warum gehen die jungen Leute heute nicht mehr in die Kirche? Wie kann man einen Zugang zu Heranwachsenden finden und
welche Konzepte könnten hier helfen? Diese und andere Fragen waren das Thema des journal-Interviews mit dem Lienzer Dekan
Dr. Franz Troyer. Sein Fazit: Die Auseinandersetzung mit den Lebenswelten, Themen und Denkweisen der Jugendlichen lohnt sich.
Den Weg gemeinsam mit den Jungen zu gehen, kann eine Chance für die katholische Kirche sein.

Herr Dekan, vor Kurzem war Bischof Hermann Glettler           sie in ihren Fragen und auch Ängsten begleiten können.
zu Besuch in Osttirol. Er nannte die „Jugendarbeit“ als       Die Frage, ob sie beten und in die Kirche gehen, ist wich-
einen der Schwerpunkte der katholischen Kirche in Tirol       tig, aber nicht die einzige. Wer junge Menschen nur nach
im heurigen Jahr. Können Sie uns dazu Näheres sagen?          diesen zwei Kriterien beurteilt, tut ihnen Unrecht und ver-
Bischof Hermann erinnert uns kirchliche MitarbeiterInnen      sperrt sich oft selbst wertvollen Begegnungen mit ihnen.
immer wieder daran, dass wir auf die Jugendlichen offen
zugehen und auch dorthin gehen sollen, wo sich die Ju-        Wie wichtig ist Ihnen persönlich als Seelsorger der Zu-
gendlichen gerne treffen. Jugendarbeit ist herausfordernd     gang zu jungen Menschen?
und meist keine Erfolgsstory. Es ist aber wichtig, den Blick  Zunächst möchte ich betonen, dass ich mit Jugendlichen
neu zu schärfen. Bei der Jugendarbeit geht es zuallererst     eine große Freude habe und auf einige von ihnen stolz bin.
nämlich darum, ein aufmerksames Ohr und Herz für die          Durch ihr Engagement in der Pfarre sind in den letzten Jah-
Jugendlichen und Interesse an dem zu haben, was sie be-       ren so manche zu wertvollen Persönlichkeiten herange-
schäftigt. Wir müssen aufhören, die jungen Leute zu allem     wachsen. Das ist ein wesentlicher Grund, warum ich ger-
Möglichen zu „vergattern“, und uns mehr fragen, wie wir       ne Pfarrer bin. Junge Leute, die jahrelang ein Kinderlager

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