Page 9 - Journal 5 Juni 2019
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MENSCHEN & HANDWERK

Altes Handwerk in luftigen Höhen

Mit der Öffnung der Turmkreuzkugel in rund 130 Metern Höhe fiel am 14. Mai 2019 der offizielle Startschuss für die
Turmhelmsanierung am Mariendom in Linz. In das Projekt „Retten wir den Dom“ – im Vorjahr von einer Initiative gestartet –
ist auch ein Osttiroler Unternehmen involviert. Kirchturmdecker Andreas Mayerl aus Dölsach zeichnet, gemeinsam mit
seinem Team, für statische Arbeiten im Turmspitzbereich, für Bleiabdeckungen sowie für Vergoldungen verantwortlich.

Die Arbeit hoch über den Dächern
von Städten und Gemeinden ist für
Andreas Mayerl Alltag. Schon mit
acht Jahren stand der heute 43-Jäh-
rige erstmals in Kärnten auf einem
Kirchturm. Sein Vater, Kirchturm-
decker und Firmengründer Sepp
Mayerl, hatte ihn in luftige Höhen
mitgenommen und ihm einen ersten
Einblick in die traditionsreiche Pro-
fession des gerüstlosen Kirchturm-
deckens ermöglicht. „Für mich war
es immer klar, dass ich Handwer-
ker werden wollte“, sagt er uns bei
unserem Besuch in seinem Wohn-
haus mit angeschlossener Werkstät-
te in Dölsach. Hier lebt Andreas mit
seiner Familie. Seine Frau Kathrin
arbeitet in der Firma mit, führt das
Büro und ist die Expertin, wenn es
um Vergoldungsarbeiten geht.

Andreas hat seine Lehre zum Dach-                                                                                                                                                 Fotos: © Mariendom Linz/wolfstudios
decker- und Spenglermeister in
Lienz absolviert und ist, nach beruf-             Im Gegensatz zu den meisten, von den Döl-
lichen Erfahrungen auswärts, 1996                 sachern ausgeführten Aufträgen wird am Ma-
in den väterlichen Betrieb eingestie-             riendom in Linz mit einem Gerüst gearbeitet.
gen. Drei Jahre später hat er die Lei-            Die Entscheidung dafür hat die Dombauhütte
tung übernommen. Heute beschäf-                   Linz getroffen. Der Mariendom ist die nach Fas-
tigt der Dölsacher zwischen acht                  sungsvermögen größte, aber nicht höchste Kir-
und 10 Mitarbeitern. Aufträge füh-                che Österreichs. 1901 fertiggestellt, ist der Turm
ren ihn und sein Team quer durch                  nur um rund zwei Meter niedriger als jener des
ganz Österreich, seltener auch ins                Stephansdomes in Wien. Mayerl und seine Mit-
benachbarte Südtirol. Über 500                    arbeiter haben im heurigen Frühjahr mit ihren
Gotteshäuser hat der Unternehmer                  Arbeiten am Dom begonnen. Am 14. Mai be-
schon bestiegen und mehr als 1.500                gleitete der Ostttiroler den oberösterreichischen
Objekte bearbeitet. „Wir sind für die             Diözesanbischof Manfred Scheuer bis zur Turm-
Kirche und öffentliche Institutio-
nen, aber auch für private Besitzer
von Schlössern oder anderen histo-
rischen Bauten tätig. Unsere Hauptarbeitszeit
erstreckt sich, abhängig von der Witterung, von
Mai bis November. Im Winter stehen Arbeiten
in der Werkstatt, die Angebotserstellung oder
die Ausarbeitung von Gutachten auf dem Pro-
gramm.“ Die Firma Sepp Mayerl & Sohn GmbH
ist als Spezialbetrieb für das gerüstlose Kirch-
turmdecken weitum bekannt. „Das Verfahren
geht auf Johann Pondorfer zurück“, informiert
Andreas. „Ich habe die Technik verfeinert und
weiterentwickelt. Mit unseren elektrisch betrie-
benen Pendelsitzen und Hängebühnen spart
man viel Zeit und Kraft.“

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