Page 5 - Journal 7 September 2018
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MENSCHEN & POLITIK
„Mein Arbeitsplatz ist das
ganze Land Tirol!“
Am 5. und 6. September tagte die Tiroler Landesregierung im Rahmen ihrer Herbstklausur in Osttirol.
Nach der Eröffnung des Campus Technik Lienz zog sich die Politspitze zu Beratungen ins Defereggental zurück.
Wir wollten von Landeshauptmann Günther Platter wissen, welche tirol- und osttirolweit relevanten Beschlüsse
gefasst wurden und welche Herausforderungen, aber auch Zukunftschancen Tirols oberster Politiker konkret
für den Bezirk Lienz sieht.
Herr Landeshauptmann, Sie waren vor Kurzem mit Wie passt das neue Mietunterstützungsmodell
der Tiroler Landesregierung auf Klausur in Ostti- in dieses Bild?
rol. Wie wichtig ist es Ihnen, die Bezirke in die Ar- Im Rahmen der Herbstklausur haben wir uns auf ein
beit der Landesregierung miteinzubeziehen? neues Mietunterstützungsmodell geeinigt, dessen
Ich sage immer: Mein Arbeitsplatz ist das ganze Land, Kriterien sozial noch treffsicherer ausgestaltet sind.
mein Schreibtisch steht in Lienz wie auch in Inns- Künftig werden die Kosten für die Mietzins- und An-
bruck. Natürlich ist die Stärkung der dezentralen nuitätenbeihilfe im Verhältnis 80:20 zwischen Land
Strukturen in Tirol ein großes Anliegen. Die Tiroler und Gemeinden aufgeteilt – vorher waren dies 70:30.
Bezirke mit ihren Bezirkshauptmannschaften sind Das bedeutet einen Mehraufwand für das Land Tirol
für die ganzheitliche Arbeit im Land unerlässlich, die in Höhe von 7,2 Millionen Euro im Jahr. Die Anwart-
Zukunft in der Verwaltung liegt in der Nähe zu den schaftszeit beträgt künftig in allen Tiroler Gemeinden
Bürgerinnen und Bürgern. Eine wesentliche Rolle bei zwei Jahre. Die Beihilfe war bei ihrer Einführung als
der Einbindung der Bezirke in unsere Arbeit spielen Unterstützung für einkommensschwächere Familien
auch die Abgeordneten des Tiroler Landtages. Sie gedacht. Es ist mir wichtig, dass das auch so bleibt.
sind es, die Tag für Tag draußen bei den Menschen
sind und ein sehr gutes Sensorium dafür haben, bei Sie haben auch Veränderungen in Sachen
welchen Themen der Schuh drückt. Das erleichtert es „Freizeitwohnsitzabgabe“ angekündigt?
wiederum uns als Regierung, die richtigen Schwer- Voraussetzung für eine neue Freizeitwohnsitzabgabe
punkte zu setzen. ist die Ausarbeitung rechtlich umsetzbarer Modelle
– und genau damit wurden LH-Stv. Josef Geisler und
Gab es ein besonders wichtiges, tirolweit Landesrat Johannes Tratter beauftragt. Was ich aber
relevantes Thema bei der Klausur? jetzt schon sagen kann, ist, dass wir uns als Tiroler
Bei den Regierungsklausuren legen wir die wesentli- Landesregierung zu einer zukünftig schärferen Vor-
chen Themenschwerpunkte fest, auf die wir uns im gangsweise bekennen.
darauffolgenden Halbjahr konzentrieren wollen. Bei
der Klausur in Osttirol, übrigens die erste seit den Die Gemeinden wurden in den letzten Jahren von
Landtagswahlen im Februar, beschäftigte uns vor Land und Bund zunehmend mit Aufgaben ohne
allem das Thema Wohnen. Leistbares Wohnen ist ein entsprechende Gegenfinanzierung eingedeckt. Vor
Grundbedürfnis und damit eine zentrale Zukunftsfra- allem viele kleine Landgemeinden stöhnen unter
ge des Landes. Das Wohnen in Tirol leistbar zu ma- der Last. Wie sehen Sie diese Problematik?
chen und jene zu unterstützen, die sich eben dieses Ohne Frage sind struktur- und finanzschwache Ge-
kaum oder nicht mehr leisten können, ist das Ziel. meinde heute finanziell mehr denn je gefordert. Ich
war selbst Gemeindereferent und Bürgermeister – ich
Wie wollen Sie dies konkret erreichen? weiß, wie wichtig die finanziellen Mittel sind, um die
Fakt ist, dass in Tirol nur ein begrenzter Raum für Aufgaben und Leistungen in der Gemeinde erfüllen zu
Siedlungstätigkeiten nutzbar ist. Gleichzeitig wird können und wie schwierig es sein kann, diese entspre-
Tirol als Wohn- und Lebensraum immer attraktiver chend aufzutreiben. Daher ist es mir umso wichtiger,
– was ich grundsätzlich schätze. Trotzdem ist es so, dass wir die Gemeinden unterstützen. Das Land Tirol
dass wir dem Preistrend nach oben einen Riegel vor- tut dies einerseits durch die Anpassung zur Vergabe
schieben müssen. In Tirol haben wir bereits das Pro- von Mitteln aus dem Gemeindeausgleichsfonds sowie
jekt „5-Euro-Wohnen“ erfolgreich initiiert, damit auch durch die Förderung der gemeindeübergreifenden Zu-
Menschen mit sehr geringem Einkommen leistbar sammenarbeit. Daran werden wir auch in dieser Regie-
wohnen können. Zudem bedeutet auch gefördertes rungsperiode festhalten. Wie der Beschluss in Sachen
Wohnen leistbares Wohnen. Diesen Weg wollen wir Mietunterstützungsmodell zeigt, sind wir bestrebt, die
weiterhin verfolgen. Gemeinden dort zu entlasten, wo es möglich ist.
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