Page 104 - Dachsbracke 2017
P. 104

VIII. Dachsbrackenführer berichten

Erfolgreiche Nachsuchen mit Ursa von der Ganzerin ZB:8297
Rufname: Tina
Besitzer und Führer: Johann Palle

Schon seit ihrer frühen Jugend auf stellte Tina ihre Jagdpassion, Raubzeug und Raubwildschär-
fe, unter Beweis, indem sie die Anzahl unserer Hofkatzen immer so reduzierte, dass es immer
nur so viele von ihnen gab, die auch tatsächlich für Haus und Hof verträglich waren. Neben den
Hauskatzen waren es aber auch hauptsächlich die Füchse, denen es Tina angetan hatte.
Verirrte sich einmal ein solches Tier in die Nähe der Stallungen, so konnte man mit Sicherheit
sagen, dass der angrenzende Wald nur mehr mit viel Glück wieder erreicht werden konnte.
Nun aber zu zwei Nachsuchen, dir mir erzählenswert erscheinen.

Tina war gerade dabei, ihren ersten Wurf großzuziehen, als mein Sohn Michael in den frühen
Morgenstunden auf einen Bock der Klasse 3 zu Schuss kam. Da er sah, dass das Gescheide
heraushing, wollte er den Bock in Ruhe verenden lassen. Er machte sich auf den Heimweg, um
mit mir die weitere Vorgangsweise zu besprechen. Wir waren der Meinung, dass der Bock in
zwei Stunden verendet sein würde und sich so eine geeignete Totsuche für die Hündin ergeben
würde. Tina sollte eine jagdliche Abwechslung zu ihrer Mutterrolle, die sie in jeder Hinsicht per-
fekt erfüllte, erhalten.
Nach zwei Stunden machten wir uns auf den Weg, um die Nachsuche zu beginnen. In gewohnter
Manier suchte die Hündin am Schweißriemen bis zum Rehbock, der aber nicht, wie vermutet,
bereits verendet war, sondern aus dem Wundbett hoch wurde und schwerkrank im angrenzen-
den Maisacker das Weite suchte. Nun war guter Rat gefragt, denn das Schnallen der Hündin
erschien mir auf Grund ihres tief hängenden Gesäuges und der angrenzenden Straße doch et-
was zu riskant. Da der Bock aber doch einen schwerkranken Eindruck machte und Tina sicher
schnell abwürgen würde, entschloss ich mich doch zum Schnallen der Hündin. Mit Spurlaut
verfolgte sie nun den Bock, und schon bald hörte ich das Klagen, dass nur kurz andauerte, denn
die Hündin hatte die Nachsuche mit gekonnten Drosselbiss schnell erledigt.

Alle Welpen waren nun seit einigen Wochen bereits aus dem Haus, und so konnte ich mich mit
Tina wieder ganz der Jagd und eventuell anfallenden Nachsuchen widmen, die nicht lange auf
sich warten ließen. Diesmal hatte Sebastian bei der Morgenpirsch auf ein Hirschkalb geschos-
sen, welches mit dem Alttier in die angrenzende Fichtenkultur eingewechselt war. Dem Schuss-
zeichen nach müsste es getroffen sein, aber am Anschuss war vom Schützen kein einziger
Schweißtropfen zu finden.
Etwa zwei Stunden später war ich mit Tina zur Stelle, die den Anschuss interessiert untersuchte,
aber auch keinen Schweiß verweisen konnte. Die Hündin arbeitete die Fährte sehr gewissenhaft
und konnte erst nach ca. 100 m den ersten Schweiß verweisen. Tina wurde immer heftiger,
und bald begann sie am Schweißriemen Laut zu geben. Ich war mir sicher, dass es sich um
das kranke Kalb handelte, und so schnallte ich Tina. Der Hetzlaut erklang nun rasch talwärts,
und bald konnte ich von Tina keinen Laut mehr hören. Ich überlegte angespannt, wo die Jagd
wohl hingehen würde und begab mich ebenfalls im Laufschritt talwärts. Obwohl ich angestrengt
lauschte, war nirgends ein Hetz- oder Standlaut von der Hündin zu hören. Es war etwa eine
halbe Stunde vergangen, als plötzlich mein Handy läutete. Mein Sohn Hans jun. war am anderen

                                            104
   99   100   101   102   103   104   105   106   107   108